Inzision

Eine Inzision ist ein gezielter chirurgischer Schnitt durch Haut und Gewebe. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Einschnitt“. Ärzte führen Inzisionen durch, um Zugang zu darunterliegendem Gewebe zu erhalten oder um Eiteransammlungen zu entleeren.

Das Grundprinzip der Inzision reicht weit in die Medizingeschichte zurück. Bereits Hippokrates formulierte den Leitsatz: „Wo Eiter ist, dort entleere ihn“ (vgl. Walensi 2014). Dieser Grundsatz gilt bis heute nahezu ausnahmslos in der chirurgischen Praxis.

Wann wird eine Inzision durchgeführt?

Die häufigste Anwendung ist die Behandlung von Abszessen (abgekapselten Eiteransammlungen). Bei einem nachgewiesenen Abszess ist die chirurgische Eröffnung die Standardtherapie.

Weitere Anwendungsgebiete sind:

  • Entlastung von Blutergüssen unter Spannung
  • Eröffnung von Furunkeln (tief liegende, entzündete Haarfollikel)
  • Zugang für größere operative Eingriffe
  • Entfernung von Fremdkörpern aus dem Gewebe

Ablauf einer Inzision

Der Eingriff folgt einem standardisierten Ablauf:

  1. Betäubung: Lokale Betäubung des betroffenen Bereichs
  2. Schnitt: Eröffnung mit einem Skalpell (chirurgisches Messer) entlang der Hautspannungslinien
  3. Entleerung: Ablassen des Eiters oder der Flüssigkeit
  4. Ausräumung: Entfernung von abgestorbenem Gewebe
  5. Spülung: Reinigung der Wundhöhle mit steriler Lösung
  6. Drainage: Bei Bedarf Einlage eines Ablaufröhrchens

Bei größeren Abszessen ist ein großzügiger Schnitt wichtig. Eine zu kleine Inzision erschwert die vollständige Ausräumung und erhöht das Risiko für ein erneutes Auftreten.

Warum bleibt die Wunde offen?

Nach einer Inzision wird die Wunde meist nicht vernäht. Sie heilt durch sogenannte Sekundärheilung (Heilung von innen nach außen). Der Körper füllt die Wundhöhle nach und nach mit neuem Gewebe auf.

Dieser bewusste Verzicht auf Nähte hat einen wichtigen Grund: Bei einem sofortigen Wundverschluss würde sich verbliebener Eiter erneut ansammeln. Das Rückfallrisiko wäre erheblich höher (vgl. Walensi 2014).

Die offene Wundheilung dauert zwar länger, ist aber deutlich sicherer. Die Wunde wird mit sterilen Kompressen locker austamponiert und regelmäßig gespült.

Nachsorge

Die Nachsorge umfasst:

  • Kontrolle der Wunde nach 24 bis 48 Stunden
  • Tägliche Wundspülung mit steriler Kochsalzlösung
  • Verbandwechsel alle ein bis zwei Tage
  • Beobachtung auf Zeichen einer erneuten Infektion

Bei größeren Wundhöhlen kann eine Vakuumtherapie (Unterdruck-Wundbehandlung) die Heilung beschleunigen. Dabei wird ein Schwamm in die Wunde eingelegt und kontinuierlich Unterdruck angelegt.

Inzision – Bedeutung in der Wundversorgung

Für Wundexperten ist die Nachbehandlung von Inzisionswunden ein häufiges Aufgabengebiet. Die offene Wundheilung erfordert besondere Aufmerksamkeit und regelmäßige Kontrollen.

Zentrale Herausforderungen sind die Beurteilung des Heilungsverlaufs und das frühzeitige Erkennen von Komplikationen. Rötung, zunehmende Schwellung oder erneute Eiterbildung können auf ein Rezidiv (Wiederauftreten) hinweisen.

Die Wundversorgung erfolgt von innen nach außen. Die Wundhöhle wird locker mit feuchten Kompressen austamponiert, um ein vorzeitiges Verschließen der Hautoberfläche zu verhindern. So kann das Gewebe von der Tiefe her heilen.

Die Zusammenarbeit zwischen Chirurgen, Hausärzten und Wundexperten trägt wesentlich zum Behandlungserfolg bei. Regelmäßige Dokumentation des Wundzustands hilft allen Beteiligten, den Heilungsverlauf zu beurteilen.

Wann ist besondere Vorsicht geboten?

Bestimmte Körperregionen erfordern eine fachärztliche Behandlung:

  • Gesicht: Bei Abszessen im mittleren Gesichtsbereich (oberhalb der Oberlippe bis zur Stirn) können Bakterien in Blutgefäße gelangen, die zum Gehirn führen (vgl. Streitz 2025)
  • Hand: Verzweigte Anatomie mit Sehnen und Nerven
  • Leiste und Genitalbereich: Nähe zu wichtigen Gefäßen
  • Achselhöhle: Lymphknoten und Gefäße

Bei Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder geschwächtem Immunsystem ist die Wundheilung oft verzögert. Hier sind engmaschigere Kontrollen erforderlich.

ICD-10 Klassifikation

Komplikationen nach chirurgischen Eingriffen werden unter T81 erfasst (vgl. Krollner 2025):

  • T81.3: Dehiszenz (Auseinanderweichen der Wundränder)
  • T81.4: Infektion nach einem Eingriff

Quellen

Krollner, Björn (2025): ICD-10-GM-2025: T81.- Komplikationen bei Eingriffen. ICD-Code.de. [online] https://www.icd-code.de/icd/code/T81.-.html [23.11.2025].

Streitz, Matthew J. (2025): Inzision und Drainage eines Abszesses. MSD Manual. [online] https://www.msdmanuals.com/de/profi/verletzungen-vergiftungen/durchführung-von-kleineren-chirurgischen-sowie-haut-und-weichteileingriffen/inzision-und-drainage-eines-abszesses [23.11.2025].

Walensi, Mikolaj (2014): OP-Anleitung Abszessentfernung. Via medici/Thieme. [online] https://www.thieme.de/viamedici/klinik-faecher-chirurgie-1531/a/op-anleitung-abszessentfernung-24608.htm [23.11.2025].


Fachliche Information

Dieser Artikel wurde auf Basis medizinischer Primärquellen erstellt und entspricht aktuellen wissenschaftlichen Standards.

Medizinischer Hinweis: Diese Informationen dienen der allgemeinen Aufklärung und ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung. Bei gesundheitlichen Fragen konsultieren Sie bitte medizinisches Fachpersonal.

Notruf: In medizinischen Notfällen wählen Sie 112 (Rettungsdienst) oder 116 117 (Ärztlicher Bereitschaftsdienst).

Veröffentlicht: 2025-12-15